Nixensagen aus dem Chemnitztal

Zeichnung zu Nixensagen aus dem Chemnitztal

Der untere Teil des Chemnitztales beim heutigen Schweizerthal heißt im Volksmunde Zietzsche. Dort mähte eines Tages die Magd eines Tauraer Bauern Gras. Als die saftigen Halme mehr und mehr den Korb füllten, tauchte plötzlich neben ihr aus den plätschernden Wellen des Flusses die hässliche Gestalt des Nixes auf und fragte sie mit drohender Stimme: „Wie kannst du es wagen, hier in mein Reich einzudringen? Verschwinde sofort, wenn dir dein Leben lieb ist, und komme nicht wieder!" Die zu Tode Erschrockene entwich mit dem eilig aufgerafften Korbe und hütete sich, die Flur noch einmal zu betreten.

Doch der Nix machte bald wieder von sich reden. Tauraer Bauern besaßen in der Reitzenhainer Flur noch einige Wiesen und Waldungen. Auch der Müller hatte am Ufer des Chemnitzflusses Holz besitz. Ab und zu zog er mit seinen Leuten dorthin, um Streu zu rechen oder Holz zu schlagen. Da das Waldstück ziemlich abgelegen war, nahm er stets, was zu einer ordentlichen Mahlzeit gehört, in einem Korbe mit und kehrte erst am Abend nach getaner Arbeit nach Hause zurück. Eines Tages hängte der Müller den gefüllten Korb an den niedrigen Ast eines Baumes und ging mit seinen Leuten an die Arbeit. Was erblickte er aber, als er zur Mittagszeit sich an diesem Platze wieder einfand? Der Korb war heruntergefallen. Wurst, Brot und Speck lagen zerstreut umher. Man sammelte auf, was noch zu genießen war, und sättigte sich. Als aber am nächsten Tage das Gleiche geschah, vermutete man einen Schabernack, und der Müller nahm sich vor, dem Täter aufzulauern. Am dritten Tage stellte er sich auf die Lauer, eine gabelige Haselrute in der Hand. Und richtig! Kaum waren seine Leute verschwunden, erhob sich der Nix aus den Fluten der Chemnitz, schaute sich spähend nach allen Seiten um und stieg, als er niemand erblickte, an das Land. Er ging schnurstracks auf den Korb zu und streckte die Hand aus, ihn zu ergreifen. Doch in diesem Augenblicke fiel der Müller über ihn her und gerbte ihm mit seiner Haselrute tüchtig den Rücken. Unter mörderischem Geschrei und schweren Drohungen entwand sich dieser den Fäusten des zornigen Mannes und verschwand auf Nimmerwiedersehen in den Wassern der Chemnitz. Dem Müller wäre wohl schweres Unheil widerfahren, hätte ihn nicht die Haselrute geschützt, so dass ihm der Nix nichts anhaben konnte.

Quellen:

  • "Aus der Heimat für die Heimat", Beiblatt zum Burgstädter Anzeiger und Tageblatt
  • Bild: F. Schramm nach einer Zeichnung von Horst Schiecke