23.02.2021
Wer vom Sportplatz auf der Jahnhöhe aus in Richtung Diethensdorf wandert, der muss zunächst ein tiefes Tal durchqueren und anschließend wieder einen Berg erklimmen, um schließlich die Diethensdorfer Ebene zu erreichen. Durch dieses Tal, im Volksmund auch "Schlucht" bzw. "Amselgrund" genannt, schlängelt sich der "Holzbach" der im Gebiet der Markersdorfer Granitbrüche entspringt und letztendlich in die Chemnitz mündet. Auf halber Höhe des Anstieges zu Diethensdorf findet man den sogenannte Schäferstein.
Blick von der Jahnhöhe in den Amselgrund
Der Holzbach am unteren Bachlauf
Blick vom Schäferstein zum Amselgrund
Durch dieses Tal zog sich früher ein Viehtreibeweg, der häufig vom Schäfer der Herrschaft Wechselburg und seiner Herde genutzt wurde. Die genaue Lage des Weges ist heute leider nicht mehr bekannt. Allerdings wissen wir, dass der Herrschaft Wechselburg damals das Recht zustand, bis Walpurgis (1. Mai) auch die privaten Flächen ihrer Untertanen abzuweiden. Nun begab es sich aber, dass der Besitzer des Grundes schon oft über den Wechselburger Schäfer empört war, weil dieser seinen Kleeacker nicht nur vor, sondern auch widerrechtlich nach Walpurgis abhütete. Um diesem Treiben ein Ende zu machen, verbot der Besitzer dem Schäfer eines Tages, jemals wieder auf seinem Grund und Boden zu hüten. Sollte der Schäfer dies ignorieren, so würde einen Prozeß mit der Grafschaft Wechselburg herbeigeführt werden. Als der Bauer eines Tages den Gottesdienst in Claußnitz besuchte, wurde ihm von einem Nachbar zugeflüstert: "Der Schäfer hütet schon wieder auf deinem Klee !" Voller Wut stürzte der Bauer aus dem Gotteshaus und machte sich auf zu seinem Hof. Dort ergriff er eine Deichselkette und rannte damit aufs Feld um den Schäfer zu vertreiben. Als dieser sich jedoch weigerte weiterzuziehen, schlug ihn der Grundbesitzer mit der Kette nieder. Schwer verwundet ging der Schäfer zu Boden und bliebt dort tot liegen.
Der Schäferstein, ein größerer, obenauf mit einem eingemeißelten Kreuz versehener Grenzstein, der 160 Schritte vom Bach im Tal entfernt in Richtung Diethensdorf steht, soll an der Stelle des ehemaligen Viehweges stehen, an welcher der Schäfer erschlagen und auch begraben wurde. Zugetragen hat sich diese Begebenheit wahrscheinlich im 17. Jahrhundert. Über die Bestrafung des Grundbesitzers ist nichts bekannt. Möglicherweise wurde er zum Aufstellen dieses Steines verurteilt. An derart Strafen erinnern in unserer Gegend vielen Sühnekreuze aus jener Zeit.
Die 1997 errichtete Tafel am Schäferstein:
Im Herbst 1997 wurde der Schäferstein wieder aufgestellt, der seit der Schaffung von Großflächen in der Landwirtschaft verschwunden war. Eine Gedenktafel die den Sinn dieses Steines erläutert wurde ebenfalls mit errichtet. Leider hat der Zahn der Zeit an der Tafel genagt und nun ist diese nicht mehr vorhanden.
Quelle: überliefert
Stichworte:
© F. Schramm 2021